Die Turnhalle des Schulhauses Luberzen in Dietikon ist am Dienstagmorgen zu einer riesigen «Bewerbungs-Zentrale» umgebaut worden. Matten, Unihockey-Tore und Turnböcke trennen die einzelnen Unternehmen voneinander ab. «In diesem Haus werden heute über 400 Bewerbungsgespräche stattfinden», sagt die Schulleiterin des Schulhauses Luberzen, Andrea Kengelbacher. Und dies auch noch unter den Augen von Bildungsdirektorin Silvia Steiner (CVP), die dem Anlass zusammen mit Stadtpräsident Roger Bachmann (SVP) beiwohnt.

Sie streicht denn auch den Stellenwert einer Lehre heraus. «Rund 80 Prozent der Schweizer Schüler absolvieren eine Berufsausbildung. Diese Quote blieb in den letzten Jahren konstant», sagt Steiner. Das sei auch in den nächsten Jahren so gewünscht, da dies der Kapazität der Universitäten entspreche. Steiner erklärt weiter, dass im Kanton Zürich pro Jahr 12 000 Lehrstellen vergeben werden. «In einer dynamischen Region wie dem Limmattal sind gut ausgebildete Fachpersonen besonders gesucht», sagt sie.

Doch Schulleiterin Kengelbacher weist darauf hin, dass nicht allen Schülern die Attraktivität des Standorts Limmattal bewusst sei. Die meisten orientierten sich eher an Zürich und lassen die kleineren sowie regionalen Betriebe ausser Acht. Deshalb hätten sich vor drei Jahren die Lehrbetriebe Dietikons bei der Schule gemeldet. «Sie sagten, dass sie kaum Bewerbungen aus dem Limmattal erhalten», sagt die Schulleiterin. Das brachte sie schliesslich auf die Idee, eine Lehrstellenbörse oder sogenannte Speeddatings für Schüler mit den lokalen Ausbildungsunternehmen zu organisieren. Dafür hat Kegelbacher Dutzende Arbeitsstunden in den Anlass investiert. «Hätten unsere Schüler es nicht verdient, würde ich diesen Aufwand nicht betreiben», sagt sie.

Doppelt so viele Interessierte

Nebst den Schülerinnen und Schülern der dritten Oberstufe der Schulhäuser Luberzen und Zentral sind an der diesjährigen Lehrstellenbörse Jugendliche aus der Berufswahlschule, dem sogenannten zehnten Schuljahr, und junge Leute von der Fachstelle Arbeitsintegration. Letztere kümmert sich um Personen ohne Ausbildung, die mit Mitte zwanzig noch eine Lehre machen wollen.

Ziel der Lehrstellenbörse ist es, dass die Jugendlichen mittels Bewerbungsgespräch einen Einblick in die verschiedenen Unternehmen erhalten und bestenfalls bald einen Lehrvertrag für den Herbst 2019 unterschreiben können. Sie findet zum dritten Mal statt. «Letztes Jahr ergaben sich 17 Lehrstellenverhältnisse aus der Lehrstellenbörse», sagt Kengelbacher. Dieses Jahr erwartet sie eine noch bessere Zahl, da sich mehr Unternehmen und doppelt so viele Schüler angemeldet haben.

«Grüezi, was wissen Sie bereits über unser Unternehmen?», begrüsst ein Ausbildner die Schülerin zum Gespräch an seinem Tisch. Die 15-Jährige erzählt, was sie weiss. «Warum haben Sie den Beruf der Hochbauzeichnerin ausgewählt?», fragt er weiter. «Mein Grossvater arbeitete auf dem Bau und nahm mich oft mit. Seither bin ich fasziniert», sagt die junge Frau und packt ihre geometrischen Zeichnungen aus.

Während dieses Morgens sollen die Schüler so viele Gelegenheiten wie möglich erhalten, sich vorzustellen. Wie bei einem Date geht es dabei darum, die eigenen Stärken besonders hervorzuheben. Als Vorbereitung mussten sie einen Berufswunsch angeben. Danach wurden sie den entsprechenden Unternehmen zugeteilt. «Wenn die Ausbildner unsere Jugendlichen sehen, haben diese eine bessere Chance», sagt Kengelbacher. Es könne wohl sein, dass die Bewerbungsschreiben nicht immer von den Eltern durchgelesen werden, doch beim persönlichen Auftritt punkteten die Schüler.

An den Tischen vor der Sprossenwand haben die Jugendlichen nun die Gelegenheit zu zeigen, was sie können. Sie stehen mit Mäppli und Lebenslauf unter dem Arm bereit. «Ich werde die so richtig beeindrucken», sagt einer selbstbewusst. Andere sind eher schüchtern.

Was braucht es für eine Stelle?

Die Personalverantwortlichen haben pro Morgen zwölf Gespräche auf dem Plan. Damit die Schüler bei ihnen wirklich punkten können, müssen sie jedoch mehr vorweisen als einen sauberen Lebenslauf. Auch Zeugnisnoten und Bewerbungsschreiben helfen den Ausbildnern weiter. «Doch schliesslich muss ich die Kreativität der Schüler spüren», sagt ein Lehrmeister. Er schreibt jedes Jahr eine Lehrstelle für einen Hochbauzeichner aus und erhält 120 Bewerbungen. Schliesslich zählt bei ihm aber der Eindruck, den die Bewerbenden in der Schnupperlehre hinterlassen.

Dieser Artikel erschien erstmals am 5. September in der Limmattaler Zeitung.